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Wenn sich Menschen mit Behinderung aufregen, dann ist das in erster Linie süß.

  • Autorenbild: Stephanie Biscan
    Stephanie Biscan
  • 18. Apr.
  • 2 Min. Lesezeit

 




 

Ein Satz, den niemand so direkt sagt – oder doch?


Vielleicht nicht in Worten.

Aber in Blicken.

In dem Lächeln.

In der Art, wie meine Wut oft behandelt wird wie das Bellen eines kleinen Hundes: irgendwie goldig, aber nicht wirklich ernst zu nehmen.


Diese Reaktionen hinterlassen etwas.

Nicht nur Wut, sondern auch eine Sprachlosigkeit. Eine Mischung aus Fassungslosigkeit und Ohnmacht.

Weil es eben nicht um einen einzelnen Satz geht – sondern um eine Haltung.

Eine Haltung, die mir unterschwellig sagt:


„Du darfst nicht wütend sein.

Und wenn du es doch bist, ist das niedlich – aber irrelevant.“


 

Sie wird klein gemacht, damit sich niemand mit der Realität der Erfahrungen auseinandersetzen muss.

Es spiegelt eine Gesellschaft wider, die von Menschen mit Behinderung erwartet, immer ruhig, tapfer und vorbildlich zu sein – als wären sie Maschinen, die jede Barriere mit einem Lächeln überwinden müssen.


Aber was passiert, wenn echte Wut entsteht? Wenn jemand laut wird über das, was ihn verletzt und einschränkt? Dann wird er plötzlich als „zu viel“ wahrgenommen.

Er passt nicht mehr ins Bild, das für ihn vorgedacht ist.

Die Gesellschaft will Menschen mit Behinderung nicht als Menschen sehen, die genauso wütend sein können wie alle anderen, sondern lieber als geduldige, unauffällige Vorbilder.


Und dann kommt der Versuch, die Wut zu relativieren.

„Ach, das ist doch gar nicht so schlimm.“ „Du übertreibst.“

Sobald die Wut als überzogen abgestempelt wird, wird die Wahrnehmung der eigenen Gefühle infrage gestellt.


Die Frage wird laut: „Ist es wirklich so schlimm? Reagiere ich über?

Bin ich wirklich so wütend, wie ich mich fühle?“


Der Versuch, die Wut zu relativieren, macht den Schmerz unsichtbar.

Doch sie bleibt.


 

Wenn die Wut von Menschen mit Behinderung immer wieder als „süß“ abgetan wird, entsteht eine gefährliche Unsichtbarkeit.


Die eigenen Emotionen werden nicht ernst genommen, was zu einem Gefühl der Entmenschlichung führt.

Wer ständig erlebt, dass seine Wut übergangen wird, zieht sich zurück.


Diese Ablehnung kann dazu führen, dass Menschen sich selbst als „zu viel“ empfinden und die eigene Stimme verlieren.

Langfristig untergräbt das die Fähigkeit, sich selbst zu spüren und zu respektieren.



 

Wut ist kein „Fehler“ und kein „Übertreiben“ – sie ist ein Signal.

Ein Signal, das nicht nur gehört, sondern auch verstanden werden muss.


Wenn Menschen mit Behinderung wütend sind, geht es nicht um eine Laune oder ein kleines Drama.

Es geht um echte, tief verwurzelte Frustrationen – um Barrieren, die immer wieder aufgetürmt werden, um eine Gesellschaft, die die Stimmen derjenigen, die sie nicht versteht, ignoriert.


Um Veränderung zu erreichen, muss die Gesellschaft anfangen, zuzuhören. Sie muss lernen, nicht nur die Wut zu sehen, sondern auch die Ursachen dahinter zu erkennen.


Es geht nicht darum, jede Reaktion zu entschuldigen, sondern darum, ihr Raum zu geben und die Emotionen zu respektieren, die für die Person von Bedeutung sind.


Nur wenn dies geschieht, kann ein echter Dialog entstehen, der die Weichen für eine inklusivere Zukunft stellt.



 

 
 
 

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